Der Verein Behinderung und Entwicklungszusammenarbeit (Bezev) hat den NRW-Nachhaltigkeitspreis bekommen. Das von der Aktion Mensch geförderte Projekt "Jugend inklusive - global engagiert" will Kindern und Jugendlichen mit Behinderung eine aktive Rolle in der nachhaltigen Entwicklung ermöglichen.
Wie bitte, Hauptpreis? Und 1500 Euro? Gabriele Weigt und Judtih Altenbockum schauen sich ein bisschen verlegen an. Sie sind als letzte dran unter neun Gewinnern des Preises "NRW denkt nach(haltig)". Dass ihr Projekt "Jugend inklusive - global engagiert" die Idee der Nachhaltigkeit "am besten repräsentiert", hat Laudator Wilfried Theißen von der Stiftung "Gemeinsam Handeln" gerade gesagt. So viel Ehre hatten die beiden gar nicht erwartet.
Und die, die das alles "schuld" ist, kann gar nicht dabei sein im Glaspalast des Düsseldorfer Stadttores, in dem die Landesregierung residiert. Michaela Böhme, Koordinatorin des Projektes beim Verein Behinderung und Entwicklungszusammenarbeit (Bezev), hatte die Bewerbung eingereicht. Bezev-Geschäftsführerin Gabriele Weigt ist baff. Unter 60 Projektbeiträgen und 500 Veranstaltungen zeichnet die Nachhaltigkeitsinitiative des Grimme-Instituts ausgerechnet "Jugend inklusive" an allererster Stelle aus.
Unverdient ist das freilich nicht. Laudator Theißen brachte die Sache auf den Punkt: "Klimawandel und Inklusion, das sind zwei Jahrhundertthemen!" Um die geht es in dem Projekt, das die Aktion Mensch mit rund 70 000 Euro unterstützt. Bezev hat ein Handbuch, eine CD und eine Materialkiste entwickelt, die in der inklusiven Bildung zum Thema Klima eingesetzt werden können. Der Verein hat damit eine Lücke gefüllt, sagt Gabriele Weigt: "Es gibt ganz viele Materialien zu globalen Themen wie Kinderarbeit oder fairem Handel für Schulen - aber nichts, das auch auf die Bedürfnisse von Kindern mit Behinderung zugeschnitten ist." Jetzt gibt es das, und zwar ganz differenziert. Die Informationen werden zum Beispiel in einfacher Sprache oder in Gebärdensprache vermittelt, sind in Braille-Schrift ausdruckbar oder in Großdruck zu lesen. Die Kiste enthält unter anderem taktiles Kartenmaterial und Brettspiele.
Mit diesen Hilfen wird möglich, was Bezev ein besonderes Anliegen ist: Menschen mit Behinderung sollen sich aktiv für eine nachhaltige Entwicklung einsetzen können und damit auch aus dem Rollenbild des passiven Hilfsempfängers herauskommen. "Gerade das Thema Klima braucht das Engagement jedes Einzelnen!", sagt Gabriele Weigt. Eben deshalb gehört zum Projekt auch die aktive Vernetzung von Umwelt- und Bildungsinitiativen in Städten.
Die Nachfrage nach dem Material ist groß. Dass noch manche Bildungsträger, manche Lehrer vor zwei "Jahrhunderthemen" auf einmal zurückscheuen, will Bezev so nicht hinnehmen. Nächstes Jahr sollen Fortbildungen für Lehrer zum Thema Inklusion und globales Lernen angeboten werden, um Hemmschwellen abzubauen. Die neue Auszeichnung gibt dafür natürlich Anschub. "Es ist ganz toll, dass der inklusive Gedanke ausgezeichnet worden ist", sagt Judith Altenbockum, die an dem Projekt mitarbeitet. Motivierend? "Ja, klar!"
(Autor: Werner Grosch)