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Inklusion und Mode: Mehr Mut bitte

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Models mit und ohne Rollstuhl auf dem Laufsteg

Die Berliner Fashion Week 2014 habe ich täglich verfolgt, stündlich, im Minutentakt: So viel Inspiration, so viel Neues! Ich wäre gern dort gewesen. Als Bloggerin - oder als Designerin.

Mindestens einmal im Monat kaufe ich eine dieser langweiligen Frauenzeitschriften, in denen seit Jahren das Gleiche steht. Nur die angesagten Farben der Saison, die Namen der Designermusen und die Skandale der Stars variieren, aber auch das irgendwie nicht auffällig genug. Und ja, ich lese täglich Fashion-Blogs und durchstöbere viele Onlineshops. Immer bin ich auf der Suche nach etwas ... Etwas, das mich begeistert und meinen Geschmack (über-)trifft. Etwas, das mich von dem trüben Wetter ablenkt. Schon sehr früh entwickelte ich meine Leidenschaft für Mode, für Farben, für außergewöhnliches Design. Ich genieße es, wenn man zu mir sagt: "Wow, schön! Ist das Kleid neu?" Ja, ist es. Und ich bin pleite. Aber ich liebe diesen neuen Fummel!

Models mit Behinderung - leider Fehlanzeige

Manchmal, wenn ich arbeite, läuft nebenbei auf "arte" eine Modenschau. Davon lasse ich mich inspirieren, schöpfe meine Kraft. Doch seitdem ich mich intensiv mit dem Thema Inklusion beschäftige, sehe ich die Dinge anders, intensiver und ... nun ja, aus der Perspektive einer Rollstuhlfahrerin. Apropos: Haben Sie auf der Fashion Week jemals ein Model mit einer Behinderung gesehen? Ich suche verzweifelt nach den Berichten, nach Fotos, nach der Begeisterung - leider Fehlanzeige. Es fehlt an Mut, es fehlt an Wissen. Letztes Jahr aber ein kleiner Lichtblick: Modedesigner Patrick Mohr zeigte "etwas Anderes" und wollte damit provozieren. Seine Models mit Behinderung waren kunstvoll gekleidet, geschminkt, fielen definitiv auf. Doch leider erinnerte mich seine Show an eine Freakshow, denn er nahm die Schönheiten aus jeder Randgruppe - es hatte nichts Inklusives an sich. Die Zuschauer fühlten sich in der Tat provoziert zu sagen, dass er, Patrick Mohr, durch sein Konzept schockieren konnte und seine Mode "der Wahnsinn" sei. Geht so, wenn ich ehrlich sein darf. Und wenn das Model Mario Galla sein Bein nicht zeigt (oder nicht zeigen darf), vergisst man schnell, dass Behinderungen auch attraktiv und durchaus verkaufsfördernd sein können.

Traum vom Model-Leben

Als kleines Mädchen (schon damals an Mode interessiert) träumte ich, als Model berühmt zu werden. Ich hörte die Kameras knipsen, sah mich im Rampenlicht stehen und die Journalisten viel über mein Leben erfahren wollen (aber ich schwieg natürlich ...). In meiner Fantasie sah ich mich von A nach B rennen, und meine blonden langen Haare wehten im Wind. Witzig an diesem Traum ist, dass ich noch nie blond, schon immer viel zu klein und zu "pummelig" für das Modebusiness und nicht außergewöhnlich hübsch war. Den Traum, ein Model zu sein, gab ich schnell auf. Mit dem Erwachsenwerden kam auch der realistische Blick auf den eigenen Körper und das Leben, das nie dermaßen interessant sein wird, dass die Journalisten erfahren wollen, wer nun mein neuer Freund ist oder ob ich magersüchtig sei.

Eine Show, wie ich sie mir wünsche

Dennoch blieb eins: die Mode. Ganz egal, ob Mode machen oder Mode zeigen - ich wollte es täglich spüren, erleben, darüber lesen, darüber schreiben - es leben! Noch bin ich weit entfernt von meinem Ziel, aber ich sehe es näher kommen! Den Anfang habe ich im Sommer 2013 gemacht: Im Rahmen der großen und ersten Vernissage des Fotoprojekts "anderStark - Stärke braucht keine Muskeln" habe ich eine Modenshow der besonderen Art organisiert. Eine Show, wie ich sie mir öfter wünschen würde. Eine Show, die auf große Laufstege gehört. Bei dieser Show haben insgesamt acht Designer, fünfzehn Visagisten, dreißig Models und eine Menge anderer Helfer mitgewirkt. Einige der Models hatten eine Behinderung, und doch sind sie kaum aufgefallen, denn an diesem Abend ging es um Mode, es ging um Design und es ging um die Weiblichkeit. Damit haben wir ein Zeichen in der Modewelt gesetzt und gezeigt, wie echte Inklusion aussieht.

Darauf sind wir stolz und wollen mehr davon!

Bald.


Linktipps:
Das Fotoprojekt "anderStark - Stärke braucht keine Muskeln"
"Behindert, Transgender, Model": Spiegel Online über den Designer Patrick Mohr auf der Fashion Week
"Alle sind stolz darauf". Ein Blogbeitrag von Katja Hanke über Menschen mit Behinderung als Fotomodelle
Rollstuhlgerechte Mode - eine Entdeckungsreise. Ein Blogbeitrag von Marie Gronwald über zeitgemäße und vor allem erschwingliche Mode für Menschen im Rollstuhl

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Zwei Models - davon eine mit Rollstuhl - als Meerjungfrauen auf dem Laufsteg Models mit und ohne Behinderung auf dem Laufsteg Ein Model im Rollstuhl Publikum und Fotografen am Rande des Laufstegs 

(Autor: Anastasia Umrik)


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