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"Wir müssen reden!" Zur Organspende braucht jeder eine Meinung

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Eine Box mit einem Spenderorgan wird in ein Flugzeug gereicht

Udo Schmidt lebt nur deshalb noch, weil er eine Spenderleber bekam. Nun berät er andere Lebererkrankte und leistet unermüdlich Überzeugungsarbeit in Sachen Organspende. Vorurteile, gegen die er ankämpfen muss, gibt es genug.

Herr Schmidt, wie kamen Sie mit dem Thema Organspende in Berührung?

Bei mir hatte sich 2001 eine Darmentzündung zu einer Leberzirrhose entwickelt. Ich bekam dann zusätzlich ein falsches Medikament, sodass die Leberwerte immer schlechter wurden. Dann ging alles ziemlich schnell. Ich kam in die Berliner Charité und wurde auf die Warteliste für eine Spenderleber gesetzt. Zehn Monate habe ich gewartet, bis es ein Spenderorgan für mich gab. Das war im August 2002. Vorher hatte ich mir - wie die meisten Menschen - nie Gedanken um das Thema Organspende gemacht. Als ich dann selbst betroffen war, wurde mir schnell klar, was es bedeutet, von anderen Menschen abhängig zu sein und deren Bereitschaft, Organe zu spenden.

Wie ging es dann für Sie weiter?

Ich habe die Kontaktgruppe Bremen-Unterweser des Lebertransplantierte Deutschland e.V. gegründet. Was wir dort machen, ist klassische Selbsthilfe. Wir tauschen uns darüber aus, wie welches Medikament gewirkt hat, mit welchen Problemen man gerade zu tun hat... Gleichzeitig beraten wir Menschen, die noch vor einer Transplantation stehen. Denen versuche ich dann die Angst zu nehmen und sie davon zu überzeugen, wieder nach vorne zu schauen.

Und dann sind Sie auch regelmäßig auf Tour...

Ja, ich halte eine ganze Menge Vorträge zum Thema Organspende. Das kann mal bei den Landfrauen sein oder der Freiwilligen Feuerwehr, im Sport- oder Bürgerverein. Wenn es darum geht, Menschen zu überzeugen, ist mein Bonus natürlich, dass ich selbst Betroffener bin, dass mir ein Spenderorgan das Leben gerettet hat - das überzeugt viele. Mir ist vor allem wichtig, dass sich die Menschen rechtzeitig Gedanken machen, ob sie ihre Organe anderen zur Verfügung stellen wollen oder nicht - und dies dann im Organspendeausweis entsprechend ankreuzen. Dann erspart man im Zweifelsfall den Angehörigen diese schwierige Entscheidung.

Warum gehen viele Menschen dem Thema Organspende aus dem Weg?

Transplantation hat mit Tod und Krankheit zu tun - ein Thema, das vielen Menschen unangenehm ist. Man befasst sich oft erst damit, wenn das Kind schon in den Brunnen gefallen ist. Die Empfänger von Spenderorganen wiederum haben oft mit Schuldgefühlen zu kämpfen, nach dem Motto: Da ist jemand für mich gestorben. Diese Gedanken kenne ich natürlich auch. Inzwischen weiß ich aber, dass das genau die falsche Perspektive ist. Gestorben sind die Spender ohnehin und nicht wegen ihrer Bereitschaft, sich Organe entnehmen zu lassen.

Wie geht es Ihnen heute?

Leider haben sich vor einigen Jahren bereits Probleme mit der neuen Leber eingestellt. Deshalb werde ich ab Oktober wieder auf der Warteliste für eine Spenderleber stehen. Arbeitsfähig bin ich also nicht, aber ich trommel weiter für die Organspende, wo immer ich kann.

www.lebertransplantation.eu
www.fuers-leben.de
Weitere Möglichkeiten, sich zu engagieren, finden Sie in der Freiwilligendatenbank

(Autor: Henrik Flor)


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