Am 5. Mai war Europäischer Protesttag zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderung. In Berlin gingen aus diesem Anlass viele Demonstrierende mit der Forderung nach einem Bundesteilhabegesetz auf die Straße - danach konnten sie und andere Interessierte beim Café der Inklusion der Aktion Mensch den Tag ausklingen lassen.
Um 11 Uhr ging es los. Rund 1.500 Protestierende sammelten sich zur Demonstration am Bundeskanzleramt in Berlin. Gemeinsam zogen sie bereits im fünften Jahr in Folge los und machten lautstark auf ihr Thema aufmerksam: "Ohne Bundesteilhabegesetz keine Inklusion." Die Behindertenverbände fordern, dass die Unterstützung von Menschen mit Behinderung aus der Sozialhilfe herausgelöst und im Sozialgesetzbuch IX verankert wird. Mit diesem Bundesteilhabegesetz soll ein bedarfsdeckender und bundeseinheitlicher Nachteilsausgleich geschaffen werden, der nicht auf das Einkommen und Vermögen angerechnet werden kann. Derzeit dürfen beispielsweise Menschen mit Behinderung, die eine Persönliche Assistenz benötigen, nicht mehr als 2.600 Euro ansparen. Weitere Ausführungen und Forderungen der Aktivisten sind unter www.teilhabegesetz.org zu finden. Übrigens: Nicht nur in Berlin-Mitte wurde protestiert, in Berlin-Neukölln besetzten Demonstranten das Rathaus, um besonders auf die dortigen Missstände hinsichtlich des Umgangs mit Menschen mit Behinderung aufmerksam zu machen.
Statements und Ideen im Café der Inklusion
Am Brandenburger Tor angekommen, konnten die Demonstranten und weitere Interessierte den angefangenen Tag getreu des Mottos eines Aktivisten "Wer kämpft, soll auch feiern" gemeinsam ausklingen lassen. Thema war hier: "Noch viel mehr vor." Die Aktion Mensch bot am Pariser Platz, dem Vorplatz des Berliner Wahrzeichens, zu ihrem 50-jährigen Bestehen ein umfassendes Bühnenprogramm. Auch Info-Stände verschiedener Vereine und Mitmachaktionen, beispielsweise ein Glücksrad der Aktion Mensch-Lotterie und das sogenannte Café der Inklusion, luden zum Verweilen ein. Bei letzteren konnten die Besucher auf verschieden farbigen Papierpunkten ihre Statements abgeben (zum Beispiel: Was haben wir noch vor? Was haben wir schon erreicht?), die sich gesammelt zu einem großen Inklusionszeichen formierten. Eine Aktion, die in ganz Deutschland von den verschiedenen Verbänden und Vereinen bei den lokalen Aktionen zum 5. Mai aufgegriffen wurde - und am Pariser Platz ein sehr ansehnliches Ergebnis zeigte (siehe Bilder). "Um das selbstverständliche Miteinander weiter voranzubringen, müssen wir Berührungsängste abbauen und mehr Möglichkeiten für Begegnung und Austausch von Menschen mit und ohne Behinderung schaffen", so Aktion Mensch-Vorstand Armin von Buttlar. "Die Cafés der Inklusion bieten hierfür eine wichtige Plattform." Auch online können Interessierte ihre Statements abgeben.
Buntes Bühnenprogramm bei bestem Wetter
Auf der Bühne erwartete die Besucher ein vielfältiges Programm bei bestem Wetter: Den Beginn der Moderation machte André Nowak vom Berliner Behindertenverband, weitergeführt wurde das Programm bis 16 Uhr von der Jung-Moderatorin Lucy Wilke und Sascha Decker (Pressesprecher der Aktion Mensch). Neben verschiedenen Talks, unter anderem mit der Vizepräsidentin des Deutschen Bundestages, Ulla Schmidt ("Ich fordere ein ECHTES Bundesteilhabegesetz in dieser Legislaturperiode. Hier handelt es sich um ein Menschenrecht - darauf soll der heutige Tag aufmerksam machen!"), oder dem Sport-Team des Deutschen Behindertensportverbandes um die Paralympics-Gewinnerinnen Andrea Rothfuß und Anna Schaffelhuber, begeisterten inklusive Bands wie "Station 17" oder "Bitte lächeln" die Zuschauer. Auch mit von der Partie: die Theater- und Tanzformation Circus Sonnenstich, das Schauspiel-Projekt Blaumeier Atelier und der Sänger Andreas Bourani, der am Ende der Veranstaltung seine Songs zum Besten gab - unter anderem das Lied "Auf uns", das im Jubiläumsjahr unter dem Fernseh-Spot der Aktion Mensch zu hören ist. Gesprächsthema an diesem Tag: Gebärdensprachdolmetscherin Lisa Ulrichübersetzte die Lieder einiger Künstler. Mit ihrem Einfühlungsvermögen und ihrer Ausstrahlung bewies sie, dass Inklusion nicht nur sinnvoll ist, sondern auch Spaß macht - das begeisterte sämtliche Zuschauer.
Insgesamt war es eine bunte Veranstaltung, bei der jeder die Chance hatte, seine Erfahrungen und Wünsche zu äußern - ob im Café der Inklusion oder auf der Bühne. Bei einer Fragerunde sagte die Besucherin Ramona Schultz aus Berlin: "Ich bin nicht behindert, ich werde behindert." Ein oft gesagter Spruch, der leider immer noch gilt. Arbeiten wir daran.
Linktipps:
Was ist in Ihrer Nähe rund um den Aktionstag am 5. Mai geplant? Informieren Sie sich bei unserem Aktionsfinder!
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"Schon viel erreicht. Noch viel mehr vor." Alle Infos rund um 50 Jahre Aktion Mensch
Mehr Selbstbestimmung, mehr Rechte. Ein Blogbeitrag von Wiebke Schönherr über die Demonstration am 4. Mai 2013 in Berlin für mehr Selbstbestimmung für Menschen mit Behinderung
Gesetz als Problemlöser. Ein Blogbeitrag von Michael Wahl über Eingliederungshilfe, Bundesleistungsgesetz und die Forderungen der Verbände der Menschen mit Behinderungen
Aktuelle Infos rund um das Jubiläum der Aktion Mensch und den Aktionstag 5. Mai finden Sie auch in den sozialen Netzwerken unter #50JahreAM und #5Mai.
(Autor: Josephine Thiel)