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"Nachhilfe im Leben des Anderen"

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Die lachenden Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Bootcamp beim Gruppenfoto

Erstes und inklusives Kampagnen-Bootcamp in Deutschland

Kampagnen gibt es wie Sand am Meer: Wahlkampagnen, Pressekampagnen, Kampagnen für den Umweltschutz und gegen Tierversuche und, und, und. Aber was macht eine gute Kampagne aus? Welche Verantwortung tragen Kampagnen-Macher? Und was haben Kampagnen mit Inklusion am Hut?

In Paretz bei Berlin lernten 33 junge Aktivistinnen und Aktivisten fünf Tage lang - vom 14. bis zum 19. Juni 2014 - von professionellen Kampagnen-Trainern, wie einschlägige zivilgesellschaftliche Kampagnen entwickelt und durchgeführt werden. Auswahlkriterien für die Teilnahme waren neben bereits gemachten Erfahrungen in der Kampagnenarbeit vor allem die eigene Begeisterung, etwas verändern zu wollen.
Und das wollen alle Teilnehmer. "Warum gehen wir als Gesellschaft stur ausgetretene Wege weiter, obwohl es schon längst funktionierende Alternativen auf vielen Gebieten gibt", fragt Teilnehmerin Astrid Österreicher in ihrer Vorstellung. Astrid möchte ihren Mitmenschen vermitteln, "dass eine bessere Welt möglich ist und dass es sich auszahlt, dafür zu kämpfen". Zu dieser engagierten Haltung passte dann auch der Name, den die Organisatoren für die einwöchige Ausbildung der zukünftigen Kampagnen-Macher gewählt hatten: "Campaign Bootcamp Deutschland".

Als Bootcamp wird eigentlich eine Armee-Ausbildung bezeichnet, die die Teilnehmer an ihre physischen und psychischen Grenzen bringen soll. Doch hier, beim ersten Kampagnen-Bootcamp im deutschsprachigen Raum, ging es weniger um militärische Schlagkraft, als um die professionelle Ausbildung in Strategie, Medienarbeit und Online-Kommunikation. Und die wird gebraucht, wenn eine Kampagne - beispielsweise zum Thema Klimaschutz oder Menschenrechte - erfolgreich sein soll.

Für inklusives Campaigning sensibilisieren

Neben Programmpunkten wie "Online-Fundraising", "Das 1 X 1 der Medienarbeit" oder "Facebook, Instagram und SMS" war Inklusion eines der Top-Themen beim Kampagnen-Bootcamp. Inklusiv setzte sich nicht nur die Teilnehmergruppe aus jungen Frauen und Männern mit unterschiedlichen Migrationsgeschichten sowie mit und ohne Behinderung zusammen. Auch inhaltlich führte für die Organisatoren kein Weg an der Inklusion vorbei: "Ziel des Bootcamps war es, den zivilgesellschaftlichen Kampagnensektor zu professionalisieren, Aktivisten in ihrem Profil und ihren Kompetenzen zu schärfen, zu vernetzen sowie für inklusives Campaigning zu sensibilisieren", sagt Anne Isakowitsch, eine der Initiatorinnen des Campaign Bootcamps.

Und für die Teilnehmer und zukünftigen Kampagnen-Planer besteht kein Zweifel, dass dies auch gelungen ist. "Ich habe das Thema Inklusion auf dem Bootcamp als sehr präsent wahrgenommen. Inklusion war hier derart selbstverständlich, dass ich meine eigene Behinderung sehr oft einfach vergessen habe. Das habe ich bisher so noch nie erlebt", sagt Journalismus-Studentin Cinderella Glücklich, die im Rollstuhl sitzt. Und Bootcamp-Teilnehmer Jan Korte antwortet auf die Frage, was sich ändern muss, damit Kampagnen zukünftig inklusiver werden: "Da muss sich vieles ändern. Das fängt damit an, welche Bildsprachen ich verwende. Das geht damit weiter, dass ich Videos untertitele und für Blinde durch Audiodeskription zugänglich mache. Bis hin zur Überlegung, wen ich mit meiner Kampagne erreiche. Spreche ich auch Menschen mit Behinderung an, welche sozialen Milieus, Menschen mit welchen kulturellen Eigenheiten, körperlichen Fähigkeiten und welcher sexuellen Identität. Es muss viel passieren, nicht zuletzt da wir auch einen gesellschaftlichen Auftrag haben und nicht Zustimmungsabholungsmaschinen sind, die einfach auf Klicks bei Petitionen aus sind und ihre Säckel füllen wollen."

"Inklusion ist Begegnung"

Dass erfolgreiche Kampagnenarbeit und Inklusion sich hervorragend ergänzen, ist ein Ergebnis, das alle Teilnehmer für ihre zukünftigen Kampagnen-Aktivitäten mitnehmen. "Das inklusive Campaign Bootcamp Deutschland hat vorgemacht, wie es geht. Eine prägende Zeit für mich und die anderen und ein Meilenstein für einen bunteren Kampagnensektor. Dank des Bootcamps habe ich verstanden, dass Inklusion Begegnung ist, die aktiv gestaltet werden muss. Inklusion bedeutet Nachhilfe im Leben des Anderen", resümiert Franca Fabis und trifft damit das Gefühl aller Teilnehmerinnen und Teilnehmer.


Zur Info:
Das erste Kampagnen-Bootcamp Europas fand 2013 in Großbritannien statt. Das Campaign Bootcamp Deutschland wurde von der Kampagnenfabrik, einem gemeinnützigen Verein in Gründung ausgerichtet. Die Aktion Mensch ist einer von vielen NGO-Partnern, die den 33 TeilnehmerInnen ermöglicht haben, während der fünf Ausbildungstage in Paretz 25 hochkarätige Workshops barrierefrei zu absolvieren und ein gemeinsames Kampagnen-Planspiel durchzuführen.



Linktipps:
Mehr Infos zum ersten Campaign Bootcamp Deutschland
Bilder vom Campaign Bootcamp Deutschland

(Autor: Ulrich Steilen)


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