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Aktiv mittendrin

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Kinderkultursommer-Teilnehmer Max zeigt seine bunten Graffiti-Bilder

Inklusion in der Ferienfreizeit: Der Kölner Kinderkultursommer macht vor, wie das geht. Andere Veranstalter können davon lernen

Max ist schon zum vierten Mal beim Kinderkultursommer dabei. Diesmal sogar zwei Wochen lang, jeden Tag, von morgens bis nachmittags. In der ersten Woche dieser Kölner Ferienfreizeit beim Parcours, einem Bewegungsprogramm. Für ihn ist das alles andere als selbstverständlich. Max hat geistige und motorische Schwierigkeiten und kann nicht einfach drauflosrennen wie viele andere. Er ist 14 Jahre alt, und er kann auch nicht so einfach sagen, dass er hier viel Spaß hat. Aber man sieht es. Er zeigt die Graffitis, die er in der zweiten Woche gemacht hat und die jetzt in einer Ausstellung auf dem Gelände am Rhein hängen. Schade, dass es schon vorbei ist? Er nickt. Und verschwindet, um seiner Mutter nochmal die Bilder zu zeigen.

Sehr gute Rahmenbedingungen

Der Kölner Kinderkultursommer ist ein Angebot der Jugendkunstschule Köln, der Kölner Spielwerkstatt und des Theaterpädagogischen Zentrums. Seit sieben Jahren sind hier Kinder und Jugendliche mit Behinderung dabei. Anfangs nur sechs - in diesem Jahr waren es schon 22 unter insgesamt 765 Teilnehmerinnen und Teilnehmern. Die Zahl ist immer weiter gestiegen, und sie drückt eine Entwicklung aus. Eine Entwicklung hin zur Selbstverständlichkeit der Inklusion. "Der Prozess schreitet fort", sagt Simone Kirsch, Leiterin der Jugend- und Freizeitabteilung der Lebenshilfe Köln. Hier beim Kinderkultursommer ist gut zu sehen, was das bedeutet: "Hier sind die Rahmenbedingungen inzwischen so gut, dass auch Kinder mit hohem Unterstützungsbedarf dabei sein können." Für sie alle gibt es eine Eins-zu-Eins-Betreuung. 25 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Lebenshilfe kümmern sich um sie.

Die Lebenshilfe ist eine Organisation, die seit über 50 Jahren viele stationäre und ambulante Angebote für Menschen mit körperlicher, vor allem aber geistiger Behinderung bereit stellt. Jede und jeder soll so weit wie irgend möglich an der Gesellschaft teilhaben können - der Urgedanke der Inklusion. Und die ist - das spürt Simone Kirsch bei ihrer Arbeit sehr deutlich - ein langer Prozess. "Einer, der Jahre dauert", sagt sie. Auch beim Kultursommer hat es seine Zeit gebraucht, bis aus den Kunstpädagogen und den Mitarbeitern der Lebenshilfe echte Teams wurden. Bis Unsicherheiten beseitigt und Vorbehalte abgebaut waren.

Träger halten an Konzepten fest

Andere Träger sind längst nicht so weit, berichtet Simone Kirsch. "Wir wollen vor allem in bestehende Freizeitangebote reingehen, aber die Bereitschaft, das Konzept anzupassen, ist oft noch gering." Deshalb seien auch einige Kooperationsversuche gescheitert. Dennoch will Simone Kirsch diesen Weg weitergehen. Denn der Versuch mit eigenen, von vorneherein inklusiv geplanten Angeboten hat sich auch als schwierig erwiesen: "Es hat bei diesen Programmen keine Anmeldungen für Kinder ohne Behinderung gegeben. Die Eltern sind einfach noch nicht so weit, ihre Kinder dort anzumelden."

Insgesamt arbeitet die Lebenshilfe derzeit mit fünf Trägern zusammen, die in diesem Jahr acht inklusive Freizeiten organisiert haben. Hier gibt es aber oft nur zwei bis fünf Plätze für Kinder mit Behinderung. Der Kinderkultursommer, bei dem die Aktion Mensch den Fahrdienst und Fortbildungen unterstützt, ist mit seinen 22 Plätzen deshalb ein Vorreiterprojekt. Und das zeigt durchaus langsam Wirkung, sagt Simone Kirsch. "So langsam trauen sich immer mehr Träger, Kinder mit relativ geringem Unterstützungsbedarf selbst in ihre Angebote aufzunehmen."
Der Kinderkultursommer zeigt gerade auch den Kindern und Jugendlichen ohne Behinderung und ihren Eltern, dass die jeweilige Einschränkung nicht das Bild beherrschen muss. Jeder kann etwas, mancher offenbart ganz besondere Fähigkeiten. Auch das ist das Ergebnis einer jahrelangen Entwicklung, sagt Simone Kirsch: "Im ersten Jahr waren die Kinder mit Behinderung erst mal nur irgendwie dabei. Jetzt sind sie, so lange und so weit wie individuell möglich, aktiv mittendrin."


Linktipps:
Inklusion von jungen Menschen: besondere Chance und besondere Herausforderung. Ein Interview im Blog von Carmen Molitor mit Friedhelm Peiffer, Leiter des Bereichs Förderpolitik der Aktion Mensch, über Inklusion von Kindern und Jugendlichen und Projektförderung für junge Menschen
Fußball mit Perspektive. Ein Blogbeitrag von Christian Schmitz über das Streetsoccer-Projekt "Hattrick" in Oberhausen für Kinder und Jugendliche
"Es gehört sich einfach, dass Inklusion normal ist!" Ein Blogbeitrag von Werner Grosch über den Kölner Kinderkultursommer 2013, bei dem Kinder mit und ohne Behinderung gemeinsam spielen, tanzen und malen
 
Mehr Infos zur Kinder- und Jugendhilfe der Aktion Mensch
Alle Förderprogrammen der Aktion Mensch im Überblick
 

Große Graffiti-Poster hängen an der Außenwand eines Zeltes 

(Autor: Werner Grosch)


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