Arbeit dient nicht nur dem Lebensunterhalt, Arbeit verschafft uns auch einen Platz in der Gesellschaft und bringt soziale Anerkennung. Das trifft auf Menschen mit und ohne Behinderung gleichermaßen zu. Menschen mit Behinderung haben es bei der Jobsuche jedoch weitaus schwerer. Im Berufsleben kommt Inklusion nur äußerst schleppend voran. Das Inklusionsbarometer der Aktion Mensch und des Handelsblatt Research Institute veranschaulicht, warum die Entwicklung stagniert und macht Fort- und Rückschritte messbar. 2013 gab es die erste bundesweite, repräsentative Umfrage zur Arbeitsmarktsituation von Menschen mit Behinderung. Nun folgt die zweite Auflage. Damit ist erstmals ein Vergleich möglich.
Es zeigt sich: Die Situation am Arbeitsmarkt hat sich für Menschen mit Behinderung innerhalb eines Jahres nicht verbessert. Die Zahl der Arbeitslosen mit Behinderung ist sogar trotz des Aufschwungs am allgemeinen Arbeitsmarkt um 3.000 auf 179.000 Menschen angestiegen. Auch der Anteil an Langzeitarbeitslosen mit Behinderung ist gewachsen. Ebenso hat sich das Inklusionsklima bei Arbeitgebern, also die Bereitschaft zur Einstellung von Menschen mit Behinderung, gegenüber dem Vorjahr etwas abgekühlt.
Inklusion weniger stark vom Wohlstand abhängig
Neu ist eine Regionalisierung des Barometers: Demnach ist Inklusion weniger stark vom Wohlstand einer Region abhängig. Ostdeutschland, das bei den Wirtschaftsleistungen pro Kopf in der Bundesrepublik Schlusslicht ist, ist bei der Inklusionslage vorn, d.h. es werden dort mehr Menschen mit Behinderung eingestellt. Baden-Württemberg, eigentlich ökonomisch stark, findet sich am Ende der Ergebnisse wieder.
Zum ersten Mal wurden in diesem Jahr auch Personalverantwortliche in Unternehmen ab 20 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern befragt, die keine Menschen mit Behinderung beschäftigen. Die genannten Gründe sind wenig überraschend: mangelnde Barrierefreiheit, keine adäquaten Stellen, keine passenden Bewerber. Stattdessen zahlen die Unternehmen die gesetzliche Ausgleichsabgabe. Rund 60 Prozent aller Arbeitgeber in Deutschland bleiben unterhalb der geforderten Einstellungsquote für Menschen mit Behinderung von fünf Prozent. Oft kennen die Arbeitgeber die staatlichen Unterstützungsmöglichkeiten nicht.
Barrieren in den Köpfen
Bewegung am Arbeitsmarkt ist auch in Zukunft nicht abzusehen: Nur zehn Prozent planen, in den kommenden zwei Jahren die Quote in ihrer Firma erhöhen. Jedoch gibt der Erfolg inklusiv arbeitenden Firmen Recht. 77 Prozent von ihnen sehen keine Leistungsunterschiede zwischen Berufstätigen mit und ohne Behinderung.
Meist sind es mehrere Faktoren, die die gleichberechtigte Teilhabe auf dem ersten Arbeitsmarkt verhindern. Barrieren in den Köpfen scheinen aber das größte Hindernis zu sein. Wenn Arbeitgeber, Personalverantwortliche und Beschäftigte Behinderung nicht mehr als Problem, sondern als Chance wahrnehmen, wenn sie nicht zuerst Defizite, sondern Fähigkeiten sehen, dann ist der wichtigste Schritt getan.
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(Redaktion )