Mit dem Themenschwerpunkt „Bildungschancen und Lebensweggestaltung“ stehen beim Berliner Zukunftskongress die inklusiven Lernorte und Lernformen von morgen im Fokus des Interesses.
Haben Sie vielleicht Lust auf eine kleine Reise in die Vergangenheit, bevor wir den Blick in die Zukunft richten? Wir schreiben das Jahr 1999: Ich habe kein Handy. Aber dafür einen PC, natürlich ohne Internetzugang. Bücher fürs Studium leihe ich vor Ort in der Bibliothek aus. Dafür werden Bestellscheine geschrieben – per Hand. Wenn ich ins Netz will, gehe ich in ein sogenanntes Internetcafé. Von Web 2.0 sprechen noch nicht einmal die Computerfreaks. Es hat seinen Weg auf den Planeten Erde eben so wenig gefunden wie YouTube, Facebook oder Twitter. Das gibt es alles noch nicht. Menschen mit Behinderung an der Uni übrigens auch nur vereinzelt. Ende der Zeitreise.
Wie und wo lernen wir in Zukunft?
Wer hätte vor 15 Jahren gedacht, dass Internet und Smartphones heute derart massiv in unseren Alltag hinein wirken? Und das nicht nur in der Freizeit, sondern auch in Schule und Arbeitswelt. Digitale Medien in Ausbildung und Beruf eröffnen auch für Menschen mit Behinderung neue Zugänge. Lernen ist somit nicht notwendig an den Ort Schule gebunden, kann auch dezentral, beispielsweise von zu Hause aus, stattfinden. Wie und wo werden wir in Zukunft lernen und was bedeutet das für junge Menschen auch mit schwerer Behinderung? Welche Technologien werden zukünftig im Bildungsbereich besonders verändern? Und welchen Einfluss haben diese auf das Lernen von morgen?
Potenziale erkennen
Im Zuge der großen Zukunftstrends verändert sich auch die Bildungslandschaft massiv. Gerade im Hinblick auf Inklusion bringt dies neue Herausforderungen und auch Chancen mit sich. Bildung ist weit mehr als Schule. Bildung ist Persönlichkeitsentwicklung. Als Basis für das Arbeitsleben ist sie entscheidend für die Gestaltung des Lebenswegs. Und ein lebenslanges Lernen wird in unserer sich rasant wandelnden Wissensgesellschaft unumgänglich. Inklusion im Bereich Bildung darf deshalb nicht nur am Lernort Schule stattfinden. Werden diesbezüglich die Erfahrungen, Stärken und Potenziale, die Kinder, Jugendliche, aber auch Erwachsene mit Behinderung mitbringen, schon richtig erkannt?
Damit Inklusion im Bildungsbereich kein Zukunftsmärchen bleibt, sondern auf der Basis guter Ideen in die Wirklichkeit umgesetzt wird, werden beim Zukunftskongress „Inklusion 2025“ in sechs Workshops folgende Themenaspekte vertieft:
- „Ich sehe was in dir, das du nicht siehst“ – Erkennung und Förderung individueller Potenziale
- „Räumchen, Räumchen, wechsel dich“ – Inklusive Lernorte von morgen
- „Sieben auf einen Streich“ – Future-Fit für eine Ausbildungswelt mit Anspruch
- „Die Guten ins Kröpfchen, die Schlechten ins Töpfchen“ – Neue Formen des Lernens und ihre Potenziale für alle
- „Spieglein, Spieglein an der Wand ...“ – Welches sind Zukunftswerte in diesem Land?
- „Ene, mene, muh, und raus bist du“ – Was wollen wir wissen und was müssen wir lernen?
Verständlich, motivierend und ganzheitlich
Moderiert wird das Themenfeld „Bildungschancen und Lebensweggestaltung“ von Barbara Brokamp. Sie ist Projektbereichsleiterin für Inklusion bei der Montag Stiftung Jugend und Gesellschaft in Bonn. Ich habe mit Frau Brokamp über inklusive Lernorte der Zukunft, die Chancen der Digitalisierung und über den Begriff „Leistung“ gesprochen.
Wenn wir in die Zukunft denken, was zeichnet inklusive Bildungsorte von morgen aus?
Barbara Brokamp: Zukünftige Bildungsorte sind Orte, die sich als Ganztagsorte begreifen und die den Lernbedürfnissen von sehr unterschiedlichen Menschen entsprechen. Es sind Orte, zu denen junge und alte Menschen gerne gehen und die sie mitgestalten können. Orte, an denen man sich mit den großen Herausforderungen unserer Zeit alltagstauglich und hautnah beschäftigt – für alle verständlich, motivierend und ganzheitlich!
Welchen Einfluss hat die Digitalisierung/ haben digitale Medien auf Inklusion im Bildungsbereich?
Digitale Medien bieten neue Chancen der Ausdrucksmöglichkeit und der Kommunikation, sie bieten soziale Netzwerke und Kooperationsmöglichkeiten. Andererseits: Sie können zur weiteren Beschleunigung und weniger Achtsamkeit im Umgang miteinander führen. Deshalb: Unbedingt sensibel bleiben!
Die Entwicklung einer immer stärkeren Leistungsgesellschaft steht dem inklusiven Lernanspruch eher hemmend gegenüber. Wo müssen wir Ihrer Meinung nach ansetzen und was darf auf keinen Fall eintreten?
Was heißt Leistung? Was bedeutet Leistungsgesellschaft? Die Frage ist: Werden lediglich bestimmte Leistungen wahrgenommen und wertgeschätzt? In diesem Sinne ist es wichtig, Potenziale von Menschen „hervorzuholen“, sie sichtbar zu machen, sie von anderen „erfahren“ zu lassen. Ein so verstandener Leistungsbegriff entspricht inklusivem Denken!
Linktipps:
Alle Infos zum Zukunftskongress „Inklusion 2025“
Zukunftskongress „Inklusion2025“: Thema „Bildungschancen und Lebensweggestaltung“
(Ulrich Steilen)