Zehn Schauspieler und Schauspielerinnen in schwarzen T-Shirts und Hosen stehen auf der weißen Studio-Bühne. Alle tragen Masken, die ihre Gesichter verdecken. Alle sind gleich. Erst als die Masken fallen, sieht man die unterschiedlichen Personen: vier Männer und sechs Frauen, drei mit und sieben ohne Down-Syndrom, Teenager und Endfünfziger. 80 Zuschauer sind gekommen, um sie zu sehen. In der Studio-Bühne vom Heimathafen Neukölln ist jeder Platz besetzt.
Gleichsein – Anderssein
Die Darsteller laufen wild durcheinander. „Alle mit dunklen Haaren hier herüber“, ruft ein junger Mann vom Rand der Bühne. Sechs Personen versammeln sich um ihn. „Iiih, die sind anders“, schreien sie und zeigen mit den Fingern auf die Hellhaarigen. Dann laufen wieder alle durcheinander. „Alle unter 20 Jahren hierher“, ruft jemand. Nur vier Ältere bleiben übrig. „Iiih, die sind anders“, kreischen die Jungen. Genauso geht es mit blauen Augen, Frauen und Down-Syndrom. Einige sind immer anders. Am Ende der Szene stehen „alle in schwarzen Sachen“ zusammen, zeigen auf die Zuschauer und rufen: „Die sind anders!“
Eine, die da schreit, ist Julia Swiderski: eine zierliche Frau mit langen Haaren und einer Brille. Sie ist eine Darstellerin mit Down-Syndrom.
Zum ersten Mal auf der Bühne
Viel Text gibt es in dem Stück nicht, dafür wird viel über Bewegung und Gesten vermittelt. Interessierte hatte die Lebenshilfe Berlin anlässlich des Welt-Down-Syndrom-Tages über einen Aufruf gesucht. Julia Swiderski hatte sich darauf gemeldet. Die 24-Jährige hat vorher noch nie auf der Bühne gestanden. In dem Stück schaut sie die meiste Zeit ernst und konzentriert. Erst als der Applaus losbricht, löst sich ihr Gesicht und ein freudiges Strahlen überzieht es. „Ich war ein bisschen aufgeregt“, sagt sie nach der Vorstellung und lächelt.
Freude und Erleichterung
In der Garderobe ist die Stimmung nach der Vorstellung ausgelassen: Die Darsteller gratulieren sich, lachen, und immer wieder fällt das Wort „toll“. Julia Swiderski ist mittendrin. „Sehr gut“ geht es ihr, sagt sie. Sie habe sich auf der Bühne wohlgefühlt. Und was mochte sie am meisten? „Die Masken“, sagt sie, schaut über den Rand ihrer Brille und zieht die Augenbrauen hoch. Und das Schreien.
Seit Oktober hat sie mit den anderen jeden Sonntag geprobt, in den letzten Wochen auch noch samstags. Es hat sich gelohnt. Alle im Raum sind glücklich. Es wird angestoßen. Für die Jüngeren gibt es Sekt ohne Alkohol. Alle prosten sich zu: Junge und Ältere, Männer und Frauen, mit und ohne Down-Syndrom. Viel Zeit bleibt nicht. Der Bruder von Julia Swiderski wartet schon. „Er fährt mich nach Hause in meine WG“, sagt sie. Und da will sie es sich nach all der Aufregung erstmal gemütlich machen.
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(Katja Hanke)