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Weltpolitische Nachrichten - ohne Sprachbarrieren

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Person, die im Schneidersitz sitzt und ein Tablet bedient

Mit nachrichtenleicht.de reißt der Deutschlandfunk die Sprachbarrieren des Nachrichtengewerbes ein und versorgt Menschen mit Lernschwierigkeiten mit aktuellen Nachrichten in Einfacher Sprache.

Die Informationssuche im Internet wird für Menschen mit Lernschwierigkeiten immer einfacher. Grund dafür ist die stetig steigende Anzahl von Webseiten in Leichter Sprache. Internetseiten mit aktuell-politischen Themen in leicht verständlicher Sprache gab es bis vor anderthalb Jahren allerdings keine. Die Redaktion des Deutschlandfunks hat das mit Nachrichtenleicht.de geändert. "Es ist ja die ureigene Aufgabe des öffentlichen Rundfunks, den Menschen Nachrichten zugänglich zu machen", sagt Projektleiterin Tanja Köhler. Und dazu gehörten eben auch die Millionen von Deutschen, an die sich Einfache Sprache wendet, so Köhler. "Menschen mit Lernschwierigkeiten, aber auch Personen, die aufgrund von Alter oder Krankheit schlecht lesen können, sowie funktionale Analphabeten."

Übersichtlich, leicht verständlich und jede Woche neu
Wer auf nachrichtenleicht.de klickt, gelangt auf eine übersichtlich gestaltete Seite mit vier Rubriken: Nachrichten, Kultur, Sport und Vermischtes. In ihnen werden aktuelle Themen behandelt, die auch in den konventionellen Nachrichten des Deutschlandfunks vorkommen. Die Leser können sich die kurzen Texte auch vorlesen lassen oder sie sogar als Audio-Datei herunterladen. Schwierige Wörter werden unter den Texten zusätzlich erklärt und in einem Wörterbuch gesammelt, das unabhängig von den Texten aufgerufen werden kann.

Nachrichtenleicht.de ist ein Wochenrückblick, der donnerstags und freitags in der Nachrichtenredaktion des Deutschlandfunks in Köln entsteht. Ab Samstag ist er online. Ein Stamm von vier Redakteuren betreut die Seite abwechselnd in Zweier-Teams. "Am Donnerstag diskutieren wir, welche Themen der letzten Tage wir für die Seite auswählen", sagt Köhler. Dabei wenden die Redakteure die gängigen Kriterien zur Nachrichtenauswahl an. "Wir wollen ja Teilhabe ermöglichen und bringen also die gleichen Themen wie in den konventionellen Nachrichten", sagt Köhler. Je drei Themen sind es in Kultur, Vermischtes und Sport, vier oder fünf in den Nachrichten.

Komplexe Themen einfach erklären
Nach der Auswahl schreiben zwei Redakteure donnerstags die Texte, freitags nehmen Sprecher sie im Studio auf. Die Texte erfüllten die gleichen journalistischen Ansprüche wie die in den konventionellen Nachrichten, so Köhler, das heißt sie sind nicht wertend und auch in vereinfachter Sprache sind alle Informationen korrekt. Das Schreiben in vereinfachter Sprache dauere allerdings oft länger als in Standardsprache. "Wenn ich ein komplexes Thema leicht und verständlich erklären möchte, muss ich es auch verstanden haben", sagt Tanja Köhler. "Ich kann mich nicht hinter komplizierten Formulierungen verstecken."

Überwältigendes Feedback auf einfache Sprache
Die Kriterien für ihre Einfache Sprache haben sich die Redakteure aus verschiedenen Regelwerken zu Leichter und Einfacher Sprache zusammengestellt, unter anderem gehören dazu: kurze Sätze, ein einfacher Satzbau und einfache Verben, die nur im Präsens oder Perfekt verwendet werden, kein Passiv, wenig Genitiv und direkte statt indirekter Rede. Hinzu kommen: Wiederholungen anstelle von Synonymen, keine Fremdwörter und vor allem kurze Wörter. Lassen sich längere Wörter nicht vermeiden, werden sie mit einem Bindestrich getrennt. Das habe vor allem bei Lesern, die vom Konzept Einfache Sprache noch nichts wussten, zu Verwirrung geführt, sagt Tanja Köhler.

Überhaupt habe die Reaktion alle Erwartungen übertroffen. "Unsere Zielgruppe waren ja Menschen mit Lernschwierigkeiten", sagt sie. "Aus den Zuschriften haben wir aber gesehen, dass der Nutzerkreis viel größer ist." Lehrer an Sonderschulen hätten sich gemeldet, Menschen mit Alzheimer, mit wenig Deutschkenntnissen sowie Deutschlerner aus Neuseeland, Brasilien, Russland oder Italien. "Wir waren völlig überwältigt."


Linktipps:
Das Nachrichtenportal "nachrichtenleicht.de"
Mehr Informationen zur Leichten Sprache vom Verein "Mensch zuerst - Netzwerk People First Deutschland"
Das Netzwerk Leichte Sprache
Ist die Leichte Sprache auch gut? Ein Blogbeitrag von Eva Keller über die Bewertung der Regeln der Leichten Sprache
Mehr Leichte Sprache! Ein Blogbeitrag von Stefanie Wulff über die Ausbildung von Prüfern für Texte in Leichter Sprache
"Das Wunder von Bern" in Einfacher Sprache. Ein Blogbeitrag von Laura Merken über ein Buch in Einfacher Sprache über die deutsche Fußball-Weltmeister-Mannschaft von 1954

(Autor: Katja Hanke)


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