„Das ist Denise. Sie spricht auch Spanisch wie du, und Melissa hier wohnt ganz in deiner Nähe.“ In Brasilien werden neue Leute nicht nur besonders herzlich aufgenommen, es werden auch gleich Brücken gebaut zu den anderen Anwesenden. Dafür werden zum Beispiel Gemeinsamkeiten erwähnt.
Ich bin sofort mit Denise und den anderen im Gespräch. Spontan entsteht eine fröhliche Runde aus neuen Leuten – fremd ist sich hier niemand. Auch ich fühle mich in der Runde gleich zuhause, denn immer wieder spricht mich jemand mit meinem Namen an, oder es berührt mich ganz nebenbei eine Hand am Arm, an der Schulter, sogar im Haar. Ich bin hier selbstverständlich Teil der Gesprächsrunde – anders als in Deutschland. Da sind viele Menschen auf den Blickkontakt fixiert, und wenn der nicht da ist, wenden sie sich häufig schnell ab.
Türöffner in zwei Kulturen
In Südbrasilien laden die Menschen mich ständig zum traditionellen Mate ein. Das Getränk wird wie eine Wasserpfeife herumgereicht. Wer es annimmt, gehört dazu. Sei es im Rathaus oder vor einem Laden, man steht oder sitzt in einer Runde und bekommt Geschichten aus dem Alltag geschenkt. Das funktioniert auch in jedem Pub in der westirischen Kleinstadt Ennis. Trinkst du ein Guinness mit, bist du dabei. Wir reden über Gott und die Welt, die Zeit vergeht im Flug. Ich lerne alles über die engen Straßen, für deren Ausbau EU-Gelder fehlen, über den mir völlig neuen Sport Hurling und natürlich über Musikfestivals in der Gegend.
Tanzen verbindet
Musik und Tanz sind überhaupt großartige Türöffner. In Porto Alegre lädt mich ein Bekannter zu einer Tanzveranstaltung ein. Ich tanze mit älteren Herren und jungen Müttern, die Babys auf dem Arm tragen. Es sind ungeheuer sinnliche Momente, die ich mit diesen Menschen erlebe. Die meisten von ihnen werde ich nie wiedertreffen – dennoch käme ich nie auf die Idee, sie Fremde zu nennen. Die Körper berühren sich beim Tanzen, denn Berührung gehört in Brasilien zum Leben wie das Atmen. Auch ich werde berührt, nicht, weil ich nicht sehe, sondern weil es dazu gehört. Es ist ein Zeichen dafür, dass die anderen mich wahrnehmen, ich mit ihnen in Verbindung stehe; sie spendet ungeheuer viel Energie.
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(Mirien Carvalho Rodrigues)